Diskussionen um die US-Militärpräsenz in Japan gibt es seit Beginn der Besatzungszeit gleich nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Verwaltung der Präfektur Okinawa war von 1945 bis 1972 in den Händen der USA. Die Streitfrage um die Verlegung der Marine Corps Air Station Futenma (MCAS Futenma) nach Henoko kam erstmals 1995 auf, und Bürgerbewegungen, die sich dagegen aussprachen, konnten 2009–10, während Yukio Hatoyamas Kandidatur und Amtszeit als Premierminister sogar auf politischen Rückenwind setzen. Den zentralen Konflikt im Videospiel „Yakuza 3“ (im Original 龍が如く3 Ryū ga Gotoku 3), das im März 2009 in Japan veröffentlicht wurde, stellt ebenfalls der Streit um den Bau einer weiteren US-Militärbasis in Okinawa dar.
In der japanologischen Forschung gibt es eine umfassende Menge an Werken, Journal- sowie Nachrichtenartikel zum Thema US-Militär, Japan und Okinawa. Die Streitpunkte und Diskussionen sind zahlreich, und eine Lösung zu finden scheint schwierig. In digitalen Spielen hingegen sind Okinawa – im Gegensatz etwa zu Tokyo, der anziehenden Großstadt – oder das Problem der amerikanischen Militärstützpunkte kaum ein Handlungsort oder -thema. Hier widme ich mich der sehr realen Debatte um die Futenma Air Station und der angestrebten Verlegung und dem ähnlichen Handlungsstrang in „Yakuza 3“ mit einem Vergleich.
Am 15. Mai 1972 wurde, nach der US-amerikanischen Besatzung, die Verwaltung von Okinawa an den Staat Japan zurückgegeben. Die USA nutzten den 27 Jahre langen Zeitraum gleich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945, um ihre Militärpräsenz in Japan auf- und auszubauen.
Die Präfektur Okinawa macht bloß einen kleinen Bruchteil der gesamten Landesfläche Japans aus und beherbergt weniger als 1 Prozent der japanischen Bevölkerung. Trotzdem befinden sich dort noch immer mehr als 70 Prozent der US-Militäreinrichtungen in Japan. Umwelt und Natur werden ebenfalls durch eine erhöhte Luftverschmutzung und den Bau von Militäreinrichtungen auf Privatgrund und Naturschutzgebiet belastet. Auch die Möglichkeit, die Inseln als Tourismusstandort auszubauen, und das wirtschaftliche Potenzial der Gegend so zu vermarkten, wird durch die US-Militärpräsenz beeinflusst. Allerdings leidet Okinawa, gleich vielen anderen ländlichen Gegenden, darunter, dass Personen aus den jüngeren Generationen in die Städte und auf die Hauptinseln Japans abwandern. Hohe Arbeitslosigkeit und ungünstige Lohnverhältnisse hemmen auch so Okinawas wirtschaftliche Entwicklung. Okinawas Dasein als iyashi no shima 癒しの島, „Insel der Heilung“, gilt kaum für die dort lebende und arbeitende Bevölkerung. Von Okinawas „3Ks“— kichi 基地, die (US-)Militärstützpunkte, kankō 観光, der Tourismus, und kōkyō jigyō 公共事業, die öffentlichen Gelder, die die Wirtschaftlichkeit der Präfektur bestimmen, haben unmittelbar nach der Rückgabe an Japan nur öffentliche Gelder wesentlich zum ökonomischen Wandel der Region beigetragen.
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Obwohl die Anwesenheit des US-Militärs nicht allein für die wirtschaftliche Lage Okinawas verantwortlich ist, so beeinträchtigt die Umweltverschmutzung, die von den Militärbasen ausgeht, doch auch das Ökosystem der Inseln. Probleme, die etwa die Verunreinigung von Land und Gewässern, sowie Abholzung und die Gefährdung bereits vom Aussterben bedrohter Tierarten aufwerfen, sind teilweise ungelöst. Dass die USA Haftung für solcherlei Schäden übernehmen soll, ist aber nicht im SOFA vorgesehen.
Das Status of Forces Agreement, kurz SOFA, wurde am 19. Januar 1960 von den beiden beteiligten Ländern unterzeichnet, um die Bedingungen der (militärischen) Zusammenarbeit zwischen Japan und den USA festzulegen. Allerdings wurden Japan darin kaum Möglichkeiten eingeräumt, die Aktivitäten des US-Militärs auf eigenem Grund und Boden zu regulieren. Neben vom US-Militär verursachten Umweltschäden und zahlreichen (Flug-)Unfällen, fallen so auch Straftaten von US-Militärpersonal nicht unter die Jurisdiktion Japans. Große Aufmerksamkeit erregt in diesem Zusammenhang ein Zwischenfall im Jahr 1995. Die Vergewaltigung eines 12-jährigen Mädchens durch US-Soldaten in Kin Town begründete damals die laute Forderung nach einer Neuregelung des SOFA. Trotz eines Schuldspruchs geht daraus jedoch keine Änderung des Abkommens hervor. Kompromisse zur US-Militärpräsenz in Okinawa, sowie zu den Inhalten des SOFA, wurden und werden immer wieder gesucht, jedoch schwer oder eben gar nicht gefunden.
Der Vorfall in Kin Town bestärkt nun nicht nur das Ansinnen einer Überarbeitung des SOFA, sondern resultiert schließlich in der Forderung der Verlegung der Futenma Air Station. Im Jahr 1996 ist das der Beginn einer der größten Debatten zum Thema US-Militär in Okinawa.
Konkrete Ideen, die eine Verlegung der Futenma Air Station ermöglichen sollten, werden Ende 1996 vorgestellt. Darunter gelten die Übersiedlung der Hubschrauberlandeplätze, jeweils an die Kadena Air Base und nach Camp Schwab – jedoch ebenfalls in der Präfektur Okinawa gelegen – und der Bau einer so genannten sea-based facility (kurz SBF) auf einer künstlichen Insel in Henoko in der Bucht Ōura, als gelungene Vorschläge. Allerdings formieren sich schon in den darauffolgenden Monaten Bürgerbewegungen aus Okinawa, die Einwände gegen das Bauvorhaben und den Standortwechsel des Stützpunktes an sich erheben. Zum „Comittee to Oppose the Heliport Construction and Demand the Democratisation of Nago City Government“ – kurz Hantaikyō – schließen sich bis zum Jahresende 1997 insgesamt 21 Gruppen zusammen. Auch südlich um Ginowan formieren sich Protestbewegung gegen eine Verlegung der Futenma Air Station nach Nago, da dies der Forderung widerspricht, das US-Militär gänzlich aus Okinawa auszuweisen. Eine Einigung kann nicht erreicht werden.
Den nächsten Höhepunkt erfährt die Diskussion um Futenma im Jahr 2009, mit der Amtszeit des damaligen Premierministers Yukio Hatoyama. Hatoyamas Wahlkampf zum Premier ist von dem Versprechen geprägt, dass er sich um die Verlegung der Futenma Air Station außerhalb der Präfektur Okinawa bemühen werde. Hatoyama gewinnt die Wahl zwar, scheitert aber letztendlich daran, konkrete Pläne für die Verlegung Futenmas um zu setzen. Allerdings erhält die Debatte dadurch endlich ihren festen Platz im Interesse der Zentralregierung Japans.
Die Ryū ga Gotoku-Serie, international unter dem Titel „Yakuza“ vermarktet, widmet sich regelmäßig dem Protagonisten Kazuma Kiryu, einem Ex-Yakuza. Die Spielreihe zeigt zuerst kein oder nur wenig Interesse daran, (inter-)nationale und politische Themen in die Spielhandlung einzuarbeiten. Spätere Einträge der Serie stellen solche Inhalte aber sogar in den Mittelpunkt der Story, wie etwa die Polizeikorruption in „Yakuza 4“, oder Manipulationsversuche in der Sport- und Unterhaltungsindustrie, sowie die Thematik der „Anti-Yakuza Gesetze“ in „Yakuza 5“. Die Hauptfigur Kiryu selbst kehrt nach einem Gefängnisaufenthalt dem organisierten Verbrechen den Rücken. Allerdings wird er doch immer wieder in die Machenschaften und Machtkämpfe der Yakuza involviert, was den primären Handlungsstrang der Spiele begründet.
In „Yakuza 3“ leitet Kiryu ein Waisenhaus und Hauptort der Handlung ist nun, statt Tokyo und der Großstadt-Atmosphäre, das idyllische Okinawa. Die Szenerie gleicht auf den ersten Blick der Werbung in einem Reiseführer. Neben Minispielen, wie Golf, Karaoke, Poker und Angeln, oder in Nebenmissionen (das sind spielbare Einheiten, die eigene Handlungsstränge verfolgen, die jedoch keinen weiteren Einfluss auf die Haupthandlung haben), kann man aus der third-person Perspektive die Welt des fiktiven Downtown Ryukyu und die unmittelbare Nachbarschaft genießen. Mit Kiryu geht man auf eine Art Erkundungstour, wobei man auf andere Bewohnern*innen des Bezirkes rund um das Waisenhaus trifft oder in der Markthalle in Downtown Ryukyu mit den Ladenbesitzer*innen redet. NPCs (non-player characters), wie etwa ein junger Mann, der in der tinsagu nu uta てぃんさぐぬ歌, „As the Rose Balsam Blooms“-Nebenmission das okinawanische Volkslied tinsagu nu hana てぃんさぐぬ花 singt, oder eine Dame in der Nebenmissions-Serie Kiryū ga eikaiwa ni chōsen 桐生が英会話に挑戦, „Let’s Learn English (1–4)“, die Kiryu dazu motiviert, Sprachübungen im Englischen zu machen, oder auch Urlaubsreisende in der Downtown-Gegend malen im kulturellen und sozialen Leben des fiktiven Ryukyu ein Bild, das dem wirklichen Okinawa nachempfunden ist. Aber eben auch die Zweifel und Sorgen im Zusammenhang mit dem unmittelbaren Vorhaben der japanischen Zentralregierung sprechen die NPCs an.
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